Clinton bei O’Reilly

•1. Mai 2008 • Kommentar verfassen

Ganz ehrlich gesagt verkommt der Streit zwischen Obama und Clinton immer mehr zur Farce, ähnelt zu sehr der Schweizer Politik: Anstelle von Sachthemen, die wirklich eine Diskussion benötigen, die Lösungen erfordern, reitet man auf lächerlichen wenigen Äusserungen herum, ergötzt sich an Obamas ehemaligen Geistlichen Jeremiah Wright, dessen Äusserungen das Herz eines jeden Patrioten verletzen. Letzlich läuft es wohl auch darauf hinaus, wer die weissere Weste hat, wer sympathischer erscheint, denn in der Sachpolitik sind die Unterschiede bekanntlich minim – gerade deshalb dreschen Obama und Clinton lieber mit andern Themen aufeinander ein.

Wer sich eingehend mit dem britischen Evolutionsbiologen und Atheisten Richard Dawkins auseinandergesetzt hat, wird wohl auch das legendäre Gespräch mit Bill O’Reilly kennen (http://www.youtube.com/watch?v=wECRvNRquvI). Genau dieser O’Reilly hatte nun das Glück, ein längeres persönliches Gespräch mit Senatorin Clinton zu verwirklichen. Gar allzu zahm gab sich Bill am Anfang, kommt dann aber nicht umhin, seinem Gegenüber bei jeder Gelegenheit ins Wort zu fallen.

Interessant an diesem Interview ist, dass tatsächlich viele eigentliche Probleme der USA thematisiert werden; allen voran geht natürlich der Ölmarkt. So zeigt sich dann die wahre Clinton, ihres Zeichen nicht viel weniger ignorant und naiv als Bush (dass dies bei Obama nicht der Fall ist, darauf sei hier nicht bestanden): Als Nation mit dem grössten Ölverbrauch der Welt, aber minimen Vorkommnissen auf eigenem Grund und Boden ist jeder Präsident der USA in einer verzwickten Lage. Hören wir uns aber an, was Clinton zur den amerikanischen Ölfirmen sagt:

„I think there’s plenty of blame to go round, we have not done what we should have done [O’Reilly unterbricht sie], all of us: Consumers, drivers, political officials, the oil companies, you name it! We’re not acting like Americans, Bill. We’re not in charge. And I want us put back in charge.“

Hier fallen gleich mehrere Dinge auf. Einerseits ist es das „Sich-wie-ein-Amerikaner-verhalten“. In unseren Gefilden wäre das wohl als der tägliche Abstecher zu McDonalds und der Verzicht auf das Treiben von Sport verstanden worden, Clinton meint aber aller Wahrscheinlichkeit nach einmal mehr den Patriotismus, aus dem der Anspruch auf Kontrolle über die gesamte Welt resultiert („We’re not in charge. And I want us put back in charge.“). Nebst einer kleinen Bekräftigung ihres Willens, Präsidentin zu werden, wird hier klar, für wen sie hier spricht: Es ist eine einfache, nicht hochgebildete Bevölkerung, die auf Aussagen wie solche wahrscheinlich bekräftigend mit dem Kopf nickt. Mit der Prämisse eines Weltanspruchs der USA behauptet Clinton schliesslich auch:

„There’s no basis for them [the oil companies] to have these huge profits. They’re not inventing anything new…“ – O’Reilly: „So what are you going to do, take twenty percent of their profits away from them?“ – „You set a baseline, and above that baseline, you begin to tax their profits!“

Schön und gut. Wie O’Reilly aber unmittelbar bemerkt, muss der Kongress dies auch goutieren; und wir wissen alle, wie stark Lobbyismus in den USA verbreitet ist – eine Branche mit glänzenden Gewinnen wird wohl kaum ein Problem haben, den Kongress zu überzeugen. Auf diese Weise kann Clinton also nicht erfolgreich sein! Des weiteren reiht sie auch die OPEC unter ihre Feinde und will die Kontrolle über sie vergrössern („I’m going to hold them accountable.“).

Let’s face it, wie unsere amerikanischen Freunde sagen: Auch die USA sind nur ein Spielball der OPEC (ein grosser unberechenbarer, allerdings), die OPEC selbst wartet nur darauf, ein Argument für eine weitere Erhöhung des Ölpreises zu haben. Was also tun die Amerikaner? (Achtung, jetzt wirds lustig!)

„We’ve got to change the way we behave, the way we drive. We have not paid attention in 35 years!“

Na wenn das nicht mal ein konstruktiver Lösungsansatz ist. Wenn der geschätzte Leser sich die Mühe macht, das Video anzusehen, so wird es schnell auffällig, wie viel über die Umstände und wie wenig über die wahren Probleme gesprochen wird. Leider hilft O’Reilly Clintons Taktik noch, indem er die eigentlich gar nicht beantwortete Frage zur Ölsituation mit „As long as you understand that I’m angry and so is everybody watching here, because both parties [d.h. Demokraten und Republikaner] sold us out.“

Fazit der Analyse lediglich eines Bruchteils des Gesprächs: Clinton ist rhetorisch auf der Höhe, weiss, um wessen Stimmen sie buhlen muss, und vor allem weiss sie, dass ein durchschnittlicher Amerikaner sich keinen Deut um die wahren Probleme und Hintergründe schert.
Abschliessend muss noch gesagt sein, dass dies ein Pro-Obama-Beitrag sei: Nein! Ziel dieses Artikels war es, für einmal nur EINEN der Kandidaten (ich verzichte in der Tradition des Amerikanischen Englisch jetzt mal auf einen feminine Form – Clinton wäre wohl ganz glücklich darüber….) zu analysieren, und zwar ohne den Profilierungsdruck aufgrund der Anwesenheit des Gegenkandidaten.

Die Videos der Sendung findet man unter folgenden Links:

Part 1 (Ölproblem, Oil companies, Gesundheitswesen): http://www.youtube.com/watch?v=2ISWUXT9V6g

Part 2 (Zur Frage der Besteuerung der Mittelklasse und Reichen, Unterschiede zu Obama, die Frage zur Fairness der US-Fernsehsender): http://www.youtube.com/watch?v=L9X_nnEJmHM

Part 3 (Der „War On Terror“, Krieg in Afghanistan und Foltermethoden):

Part 4: http://www.youtube.com/watch?v=AJM97PXRp6Y

Interkulturelle Monologe: Islam im Westen

•21. April 2008 • Kommentar verfassen

http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=9305&CategoryID=62

Zwei Welten: Gute Bibel, böser Koran?

•21. April 2008 • 1 Kommentar

Zwei Welten, von Frank A. Meyer

http://www.blick.ch/news/fam/zwei-welten-88961

In einem Film von 16 Minuten Länge unterlegt der Niederländer Geert Wilders Koran-Suren mit Bildern muslimischer Gräueltaten: Bombenattentate, verkohlte Leichen, Menschen, die von den Türmen des World Trade Center stürzen, öffentlich gehenkte Homosexuelle, beschnittene Mädchen – und immer wieder der Koran mit den Geboten Allahs, die Hass und Krieg fordern und rechtfertigen.

Horror aus dem Morgenland. Horror aus der Welt von Koran und Scharia.

Geert Wilders bezichtigt den Propheten Mohammed der Barbarei und den Islam des religiösen Faschismus. Das ist starker Tobak. 16 Minuten filmische Polemik. Ein Film als Pamphlet.

Kein niederländischer TV-Sender wagte es, den provokativen Streifen zu zeigen. Dem Autor blieb nur das Internet. Die Klage gegen ihn vor einem Haager Gericht scheiterte: Was er mit dem Film sage, das dürfe gesagt werden.

Was aber die freiheitliche Verfassung einer Demokratie für zulässig erklärt, das ist auch ihren Gegnern erlaubt: In einem Film von sechs Minuten Länge antwortet der saudische Blogger Raed al-Saeed auf das Anti-Koran-Werk aus den Niederlanden. Er bedient sich dabei des Konzepts von Geert Wilders. Bibelzitate und fanatische Christen-Predigten werden mit Gewaltszenen illustriert: statt der Anschläge auf das World Trade Center US Raketenangriffe auf Bagdad, statt der Hetze von Irans Präsident Ahmadinedschad Gewalt-Rhetorik von US Präsident Bush.

Ist der jüdisch-christliche Kulturkreis also um nichts weniger barbarisch als der islamische? Gleichen sich Bibel und Koran wie ein Ei dem andern, wenn es um ihre Auslegung als Handbücher für Gewalt und Unterdrückung geht? So lautet jedenfalls die Gegen-Botschaft des Saudis Raed al-Saeed zu Geert Wilders Koran-Kritik. Wie überzeugend ist die islamische Retourkutsche?

Betrachten wir die Wirklichkeit: Der jüdisch-christliche Kulturkreis hat die freie Gesellschaft hervorgebracht, die Demokratie und den Rechtsstaat. Der islamische Kulturkreis dagegen, mit Ausnahme der noch halbwegs säkularen Türkei, kennt keine freie Gesellschaft, keine Demokratie, keinen Rechtsstaat.

Im jüdisch-christlichen Kulturkreis geniessen die Frauen Gleichheit vor dem Gesetz. Im islamischen Kulturkreis, mit Ausnahme der Türkei, gelten Frauen weniger als Männer, herrschen Männer über Frauen, ist Gewalttätigkeit gegen Frauen gesellschaftlich wie privat normal.

In unserem Kulturkreis blühen Wissenschaft und Forschung, Literatur und moderne Kunst. Der islamische Kulturkreis trägt seit Jahrhunderten kaum noch etwas bei zu den modernen geistigen Entwicklungen.

Haben die frappanten, oftmals sogar dramatischen Unterschiede mit dem Koran und der Bibel zu tun?

Die jüdisch-christliche Entwicklung hat durch Jesus die Botschaft der Liebe in die Welt gebracht. Jesus erhob die Frauen auf eine Ebene mit den Männern. Er formulierte auch den religiösen Ansatz zur Trennung von Kirche und Staat: «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.»

Vor allem aber wurzelt die jüdisch-christliche Geschichte in der Überzeugung, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist – woraus die Gleichheit der Menschen resultiert.

Das sind Ur-Elemente der christlichen Wirkungsgeschichte.

Das Ur-Erlebnis der christlichen Emanzipation wiederum ist die Reformation. Durch sie wurden Aufklärung und Säkularisierung erst möglich.

Die moderne Gesellschaft wurde zwar auch der Kirche abgerungen, doch mit Berufung auf christliche Werte, denn was sind die Parolen der Französischen Revolution anderes als christliches Pathos: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!

Finden wir in der Geschichte des Islam Vergleichbares?

Freilich ist Gewalt im Namen der Religion für die christlich grundierte Welt nichts Fremdes. Schlimmste Verbrechen mit Millionen von Toten haben die Kirchen mitbegangen, abgesegnet oder widerstandslos zugelassen: von den Kreuzzügen über die Kolonial-Massaker bis Auschwitz.

Auch heute rechtfertigen christliche Fundamentalisten wie George W. Bush Gewalt und Kriege mit ihrem Glauben.

Doch die offene westliche Gesellschaft kennt den permanenten Widerspruch; sie pflegt die kritische Debatte; ihre Politiker wählt sie – und wählt sie auch wieder ab; und sie setzt der politischen wie der wirtschaftlichen Macht gesetzliche Grenzen.

Vor allem ist die christlich grundierte Kultur auf die Menschenrechte festgelegt – auf die grundsätzliche Freiheit und die unveräusserlichen Rechte des Individuums. Um diese Grundrechte dreht sich unablässig der politische Kampf.

Daher ist die Welt, die der Bibel entsprang, eine ganz und gar andere als die Welt des Korans.

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GEGENSTIMME:

http://www.bfg-muenchen.de/br270501.htm

Indoktrination/Kindesmissbrauch in den Monotheismen

•20. April 2008 • 1 Kommentar

Islam:

http://www.20min.ch/print/story/21563090
http://www.youtube.com/watch ?v=f2nBM2YgBb8
http://www.youtube.com/watch?v=_4VHTyWwNf8
http://www.youtube.com/watch?v=U-ipJ6gDsy0
http://www.youtube.com/watch?v=SNC8yVCVo8k&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=e6Np7zbKCKI
http://www.youtube.com/watch?v=1B6t19SJGiM&feature=related

Christentum:

http://www.youtube.com/watch?v=X043xVrQBr8 (!!!)

(Begabter Junge…da geht ein guter Evolutionsbiologe verloren…)

http://www.youtube.com/watch?v=RM9zKNjF7E0
„Früh wird abgerichtet – was ein Meister werden soll.“

Jesus Camp

http://www.you tube.com/watch?v=uOIYsGVyg8M&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=XKq MCSoBWzQ&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=ZzE36jTw8pQ&feature=rel ated

Baby Bible Bashers

http://www.youtube.com/watc h?v=blXt802iiYI&feature=related

Katholische Spezialität: „No Child’s Behind Left“ (Hitchens)
http://www.youtube.com/watch?v =UC77_nlnxdA


Wahrlich, Christopher Hitchens sagt uns mit Recht:
„It’s a real pity there isn’t a hell for these bastards to go!“

Ecrasez l’Infâme!

Lehrer wollen „christliche Werte“: Revisionismus, Ignoranz, Identitätskrise?

•20. April 2008 • 1 Kommentar

Ein Kommentar zum entsprechenden NZZ-Artikel vom 23. März 2008

http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/schule_soll_christliche_werte_vermitteln_1.693806.html


„Der Bub kratzt sich mit dem Bleistift im wilden Haar. «Ostern? Ähm, wart . . . wart . . .»“

Dieser Trend zum Vegessen, der sich ganz offensichtlich auch im Lehrerverband manifestiert, ist eine Schande und inhärent gefährlich. Allzu oft und gerne wird aber Bildung über Religion mit Indoktrination in Religion verwechselt. Natürlich ist es von eminenter Bedeutung, die Kinder über die Geschichte des Abendlandes und über die verschiedenen Religionen zu unterrichten (ohne Bibelkenntnisse ist einem ja z.B. auch die Literatur kaum zugänglich). Historischer Ignoranz ist es auch zu verdanken, dass die Werte der Aufklärung, auf denen unsere Gesellschaft basiert, mit „christlichen Werten“ gleichgesetzt werden, s. dazu z.B. http://www.sopos.org/aufsaetze/4546c5d5cf6d2/1.html.

„In ihrer 6. Klasse hat es einen Buddhisten, zwei Muslime, ein halbes Dutzend Konfessionslose – die übrigen Kinder sind getauft.“

Das ist, wie Dawkins richtig feststellt, Kindsmissbrauch. Wie viele Marxisten, Keynesianer, Neoliberale, Humanisten, Freisinnige und SVPler gibt es wohl in dieser Klasse? Es mag Kinder muslimischer, christlicher Eltern geben. Von 10-jährigen Muslimen zu sprechen, ist absurd.

„Wenn es um Gott geht, wirken sie dennoch wie Analphabeten. Die meisten Kinder können ihre Religionszugehörigkeit nicht auf Anhieb benennen, und die tiefere Bedeutung von Ostern kennen sie nicht.“

Aber sie lassen sich einteilen in Buddhisten, Muslime, Christen und Konfessionslose, nicht wahr?

„In manchen Schulen sind die christlichen Kinder in der Minderheit. Viele Kantone haben in der Folge in den letzten Jahren den Religionsunterricht abgeschafft.“

Den sie durch historische Ignoranz ersetzt haben, die ihrerseits Anfälligkeit für revisionistischen Geschichtsunterricht und hirnverbrannte Dogmen zur Folge hat.

„Inzwischen ist die religiöse Durchmischung der Gesellschaft so weit fortgeschritten, dass die Frage nach der gemeinsamen kulturellen Grundlage des Westens wieder ein grosses Gewicht bekommt.“

Die liegt doch für jeden historisch auch nur einigermassen Gebildeten auf der Hand! Worauf basiert denn unser gesamtes Staatswesen?

„Der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer hat vor diesem Hintergrund kürzlich ein Positionspapier verfasst. Es ist, wie Verbandspräsident Beat W. Zemp sagt, ein längst fälliger Aufruf zum Mut an alle Lehrer, den «unverbrüchlichen Kern unserer Gesellschaft» in der Schule hochzuhalten und zu vermitteln.“
„Zu den nicht verhandelbaren Grundwerten zählt der Lehrerverband etwa die Freiheit des Individuums, das Gebot der Chancengleichheit, das Prinzip des Ausgleichs zwischen Bedürftigkeit und Überfluss, die Garantie körperlicher und seelischer Unversehrtheit.“

Die genannten Werte lassen sich direkt in der Tradition der Aufkläung, der kritisch-aufgeklärten Ratio und Humanität verorten.

Hat das traditionell-orthodoxe Christentum, bevor es im 18. Jahrhundert allmählich gezähmt wurde, auch nur einen dieser „seiner“ Grundwerte konsequent geachtet?! Unterdrückung der Geistesfreiheit, totalitär-theokratische Beherrschung der gesamten Kultur, Sklaverei, Inquisition, Judenpogrome, blutige Christianisierungen, Kreuzzüge, …, Diskriminierung Homosexueller, Andersgläubiger, … Um es mit Bertrand Russell zu sagen:

You find as you look around the world that every single bit of progress in humane feeling, every improvement in the criminal law, every step toward the diminution of war, every step toward better treatment of the colored races, or every mitigation of slavery, every moral progress that there has been in the world, has been consistently opposed by the organized churches of the world. I say quite deliberately that the Christian religion, as organized in its churches, has been and still is the principal enemy of moral progress in the world. You may think that I am going too far when I say that that is still so. I do not think that I am. Take one fact. You will bear with me if I mention it. It is not a pleasant fact, but the churches compel one to mention facts that are not pleasant. Supposing that in this world that we live in today an inexperienced girl is married to a syphilitic man; in that case the Catholic Church says, „This is an indissoluble sacrament. You must endure celibacy or stay together. And if you stay together, you must not use birth control to prevent the birth of syphilitic children.“ Nobody whose natural sympathies have not been warped by dogma, or whose moral nature was not absolutely dead to all sense of suffering, could maintain that it is right and proper that that state of things should continue.

Dr. Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung schreibt zu diesem Thema:

Wie stark der Widerwille gegen das neuzeitliche, freie, humane Denken in christlichen Kreisen ausgeprägt war, zeigt kaum ein Dokument so deutlich wie der berühmt-berüchtigte Syllabus von Pius IX. aus dem Jahr 1864. Der im „Heiligen Jahr“ 2000 von Johannes Paul II. selig gesprochene Pontifex verdammte in dieser Sammlung vermeintlicher „Irrtümer“ nahezu alle Errungenschaften der Moderne: Rationalismus, Naturalismus, Liberalismus, Demokratie, Trennung von Staat und Kirche. Nicht minder scharf verurteilten der Lehrentscheid des 1. Vatikanischen Konzils von 1869-1870 sowie der sog. „Antimodernisteneid“ (Dekret des Hl. Offiziums „Lamentabili“) aus dem Jahr 1907 derartige „Irrtümer der Moderne“. Erst 1961 (!) konnte sich Papst Johannes XXIII. in der Enzyklika „Mater et Magistra“ zu einer halbgaren Anerkennung der Menschenrechte durchringen. Allerdings geschah dies nicht aus religiösen Gründen, sondern als Reaktion auf den gesellschaftlichen Druck der bereits stark fortgeschrittenen Säkularisierung. Je genauer man hinschaut, desto klarer zeigt sich, dass die Idee der Menschenrechte auch heute noch mit einem Ernst gemeinten christlichen Glauben nicht zu vereinbaren ist. Deshalb ist es auch nur konsequent, dass der Vatikan bis heute die Europäische Menschenrechtskonvention nicht ratifiziert hat. Im evangelischen Lager sah (und sieht) die Situation kaum besser aus. Für einen halbwegs aufgeklärt denkenden Protestanten dürfte es kaum eine peinlichere Erfahrung geben als die Lektüre der Texte Martin Luthers. Auch wenn man die Bedeutung Luthers für die Entwicklung einer lebendigen deutschen Schriftsprache bzw. seine Leistungen in Bezug auf die Überwindung römisch-katholischer Machtansprüche nicht unterschätzen darf, so war der Reformator doch keineswegs ein Vorreiter der Emanzipation. Im Gegenteil! Im blinden Vertrauen auf die ewige Wahrheit der Bibel forderte Luther u. a. die Ermordung sog. „Hexen“ (von deren Teufelsbesessenheit er, der sich zeitlebens von dem „bösen Feind“ verfolgt fühlte, überzeugt war ), die vollständige Vertreibung der Juden (kein Haus dieser vermeintlichen Gottesmörder sollte nach Luthers Überzeugung stehen bleiben! ) sowie die gnadenlose Eliminierung der aufständischen Bauern (denen er ebenfalls vorwarf, vom Teufel besessen zu sein, weil sich diese im scharfen Widerspruch zu den Geboten der „Heiligen Schrift“ gegen die angeblich von Gott eingesetzten weltlichen Herrscher aufgelehnt hatten ). Es ist nicht verwunderlich, dass Luthers Nachfolger meist ins gleiche Horn stießen – nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart. So sind es vor allem evangelische Christen, die gegen die Evolutionstheorie und den Sexualkundeunterricht anrennen und für die Wiedereinführung der Prügelstrafe in der Schule plädieren (entsprechend dem alttestamentarischen Buch der Sprichwörter: „Wer die Rute spart, hasst seinen Sohn, wer ihn liebt, nimmt ihn früh in Zucht“ bzw. dem neutestamentarischen Brief an die Hebräer: „Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat. Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet. Gott behandelt euch wie Söhne. Denn wo ist ein Sohn, den sein Vater nicht züchtigt?“).

http://www.leitkultur-humanismus.de/entgleisungen.htm

„Die Schule, sagt Aeppli, sei nicht wertfrei, sei es nie gewesen, und es gehe heute darum, aufzuzeigen, «dass Werte eine religiöse Verankerung haben».“

Ach ja? Siehst du den Feind? Ecrasez l’Infâme!
Welcher Dummheit bedarf es eigentlich, zu proklamieren, in einer pluralistischen Gesellschaft müssten Werte eine religiöse Verankerung haben? Neben der Tatsache, dass es theoretisch unmöglich ist, Werte konsistent in Gott und Göttern zu verankern (s. Platons Frühdialog „Euthyphron“!), ist es in derartigen Gesellschaften doch doppelt wichtig, dass die Grundwerte säkular-humanistischer, weltanschaulich-metaphysisch neutraler Natur sind, so dass sie von allen nachvollzogen und geteilt werden können und keiner explizit religiösen Begründung bedürfen, die erstens philosophisch unmöglich, zweitens gänzlich unnötig (Hitchens: „Morality, human solidarity is innate in us! Do you really believe they got to Mount Sinai and then realized: „Oh, murder, theft and rape are not kosher after all!“?) ist und drittens ohnehin nur Öl ins latente Feuer giessen würde!

„Aeppli sieht, wie sie erklärt, das Papier der Lehrer auch als Wink ans Bundesgericht. Denn es wird wohl bald Klagen geben von Eltern, die aus Angst vor christlicher Unterwanderung ihr Kind vom neuen Religionsunterricht dispensieren wollen“

Habe den Lehrplan zu diesem neuen Fach gesehen. Behandelt werden alle relevanten Weltreligionen, mit besonderer Berücksichtigung freilich des Christentums. Eine Weltanschauung aber fehlt – surprise, surprise! – gänzlich: die agnostisch-atheistisch-humanistisch-säkulare.

„«Okay, er war zu lieb. Das ist es. Er war viel zu lieb.»“

Vergessen wir nicht, dass insbesondere gentle Jesus meek and mild es ist, der uns die nette Vorstellung des höllisch-ewigen Feuerofens, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt, einhämmert (die zusammen mit dem absoluten Wahrheitsanspruch des Christentums konsequent zu Inquisition und Glaubenskriegen führt). Sie existiert im Alten Testament nicht (dafür erfreuen im AT genozidale „heilige“ Angriffskriege, Dschihads, das inbrünstige Herz).

Aufgeklärte Leserkommentare zum NZZ-Artikel:

Michael Stotzer (24. März 2008, 00:35)
Werte ja, christlich nein
„Die meisten Kinder können ihre Religionszugehörigkeit nicht auf Anhieb benennen“ Vielleicht weil Kinder keine Religion haben? Vielleicht wollen sie erst später entscheiden (Religion ist eine Entscheidung, nicht genetisch bestimmt).
„Zu den nicht verhandelbaren Grundwerten zählt der Lehrerverband etwa die Freiheit des Individuums, das Gebot der Chancengleichheit, das Prinzip des Ausgleichs zwischen Bedürftigkeit und Überfluss, die Garantie körperlicher und seelischer Unversehrtheit.“ Und was haben diese Werte nun mit dem Christentum zu tun? Soweit Ich weiss wurden solche Werte erst mit der Entstehung der Demokratien eingeführt. Die Bibel/Christentum sind aber viel älter. Laut Bibel dürfen untreue Ehefrauen, Schwule etc. gesteinigt werden. Sind das die Werte auf die sich Herr Zemp beruft? Hier bedarf es an Weiterbildung.

Michael Stravs (24. März 2008, 01:33)
Die Litanei der christlichen Werte
Wieder einmal der immer gleiche, falsche Rückgriff auf die christlichen Werte, die unserer Gesellschaft zugrunde liegen sollen… wo doch die Akzentuierung dieser Werte als „christlich“ der Anfang des Problems ist (siehe dazu auch hier: http://varia.kilu.de/wordpress/archives/8 ) Ich bin zwar ebenfalls der Meinung, dass man die traditionellen Feste den Schülern näherbringen soll. Aber „An Ostern ist Christus auferstanden“ ist schlicht und einfach nicht mit Anspruch auf Geltung vertretbar. An Ostern FEIERN DIE CHRISTEN DEN MYTHOS, dass Jesus auferstanden ist. Das darf und soll man in diesem Sinne vermitteln können, genau wie Tell nicht als reale Person vermittelt werden muss.
Für HUMANISTISCHE Werte als Grundlage unserer Gesellschaft und einen verantwortlichen Umgang mit unserem kulturellen Erbe! Bleibt man bei der Christelei, ja, DANN werden diese Traditionen mit Garantie sterben.

[Bemerkung: So geschehen nach 391, als das Christentum zur Staatsreligion erhoben und heidnische Kulte und kulturelle Leistungen (z.B. die Olympischen Spiele, Bibliotheken etc.) verboten und vernichtet wurden. Im Anschluss daran lag beispielsweise die Wissenschaft während mehr als 1000 Jahren brach, auf ein Zeitalter geistiger Blüte folgten dunkle Jahrhunderte – kein Wunder: Wenn die absolute Wahrheit kompakt in einem Buch vorliegt, wozu, wonach noch forschen? Vielmehr ist weitere Forschung auf Gedeih und Verderb zu unterbinden, um die Wahrheit zu erhalten und auch niemandes Seelenheil zu gefährden. Ausserdem sind möglichst viele Seelen vor dem ewigen Höllenfeuer zu bewahren, was folgerichtig zu Inquisition und Glaubenskriegen, zu Folterung und Tötung von Anders- und Ungläubigen führt, wie sie u.a. von Augustinus und Thomas von Aquin begründet wurden.]

Reta Caspar (24. März 2008, 09:44)
Werte sind im Menschen verankert – nicht in der Religion
Werte mögen mit religiösen Vorstellungen verknüpft sein, setzen aber keine religiösen Überzeugungen voraus. Anthropologie und Soziobiologie liefern interessante Erkenntnisse über die Entstehung von sozialen Regeln. Die Menschenrechte wurden gegen den Widerstand derorganisierten Religion erklärt. Ethische Fragen im Rahmen eines Religionsfachs für alle zu behandeln, ist deshalb irreführend und für Religionsfreie diskriminierend.
Religion ist ein kritikbedürftiger Teil der Kultur. Grundwissen über religionsphänomenologische Tatsachen können im Geschichts- und Geographieunterricht und in den Sprachfächer vermittelt werden.
Sozialverträgliches Verhalten kann und muss die Schule in jedem Fach fördern, und der Respekt vor dem Anderen ist ein Grundanliegen jeder Art von Bildung. Toleranz als humanistisches Erziehungsziel bedeutet jedoch nicht Achtung jeglicher Meinung oder religiösen Lehre, sondern Achtung des Mitmenschen und seines Rechts auf eigene Meinung. www.frei-denken.ch

Andreas Koch (24. März 2008, 17:31)
Jetzt drehen wir völlig durch
Und als nächster Rückschritt wohl die Wiederaufelbung der Inquisition? Die Dümmlichkeit dieser Forderung zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Schweiz kontrastiert frappant mit der Tatsache, dass ein Schweizer Naturwissenschafter dieser Tage zum Stiftungsratsmitglied der in Deutschland gegründeten Giordano Bruno Stiftung gewählt wird. Der Schweizer Lehrerverband täte gut daran, sich eine Auszeit zu nehmen und in Geschichte noch einmal nachzusitzen. Erstens: Der Mensch braucht keine Religion, um ethisch zu handeln. Zweitens: Die Errungenschaften der Aufklärung sind es, welche uns den roten Faden seit nunmehr 250 Jahren vorgeben. Im Uebrigen verweise ich auf den Kommentar des Herrn mit dem rumänisch klingenden Namen weiter unten. Dem ist eigentlich nichts mehr beizufügen. Erschreckend bleibt aber die Tatsache, dass sich in unserer Lehrerschaft ganz obskure Kräfte angeammelt haben. Wehret den Anfängen!

[Bemerkung: Insbesondere wohl auf Primar- und Sekundarstufe! S. z.B. die Lehrbuch-Kontroverse um das Lehrmittel NaturWert, in das kreationistische Inhalte eingeschleust werden konnten; Primar- und Sekundarstufe stellen für Fromme offenbar ausgezeichnete Missionsgelegenheiten dar!]

Demokraten und Republikaner Hand in Hand

•11. April 2008 • Kommentar verfassen

Wie man der heutigen Morgenpresse entnehmen durfte, gab es gewichtige Entscheidungen in den USA bezüglich dem Irak-Fiasko. Präsident Bush vertraut auf das Wort seines Verantwortlichen im Irak, einem Herren mit dem recht atypischen Namen David H. Petraeus. Dieser sah es als unmöglich, wenn nicht schon fast fatal, den Truppenabzug aus dem Irak fortzuführen. Obwohl die Demokraten ja in den Parlamenten eigentlich über eine Mehrheit verfügen, ist es ihnen gänzlich unmöglich, etwas gegen dieses Votum zu unternehmen, das Bush dankbar aufnimmt. In der Schweiz wäre das wohl anders – flugs würden einige zehntausend Unterschriften gesammelt, um diesen Entscheid abzuändern; die GSoA hat ja diesen Schritt bereits für den kommenden Sommer bezüglich den neuen Kampfjets der Schweizer Armee angekündigt.

In den USA ist aber alles ein wenig anders, und mir scheint es, weniger demokratisch (Was man darunter verstehen will, sei jedem das Seine, Bush sieht seinen Regierungsstil vermutlich genauso demokratisch an wie Frau Calmy-Rey und Konsorten…). Was nun aber in Übersee geschieht, finde ich noch aus einem andern Grund äusserst bemerkenswert.

Nämlich finde ich, dass sich dort eine von den Politikern wahrscheinlich ungern zugestandene, aber faktisch vorhandene sehr enge Zusammenarbeit der Demokraten und Republikanern abspielt – die beiden Gruppierungen spielen sich gewissermassen in die Hände. Warum? Dies ist recht einfach:

Der amtierende Präsident möchte, wie wahrscheinlich jeder, als ein Präsident in die Geschichtsbücher eingehen, der mehr Gutes als Schlechtes getan hat, der mehr Erfolge als Niederlagen zu verzeichnen hat. Insofern ist es aus Bushens Perspektive äusserst naheliegend, einen grossen Schritt im Irakkonflikt zu tun, einen problematischen Schritt, vor allem. Bush lässt also den Demokraten die schwierigen Entscheidungen und belässt die Situation im status quo. Somit hat er zwar keinen Sieg errungen, wohl aber auch keine Niederlage!

Die Demokraten andererseits werden glücklich sein, einen Kurswechsel von Bushs Politik vorzunehmen können – ein Wahlversprechen einzulösen und somit kurz nach der allfälligen Amtsantretung bereits erste Erfolge zu verzeichnen. Gleichzeitig wissen aber auch die Demokraten, dass es höchst unvernünftig wäre, die Truppen Knall auf Fall aus dem Irak abzuziehen – die Militärpräsenz muss wohl noch mehrere Jahre aufrecht erhalten werden. Jedoch bedeutet bereits eine minime Verkleinerung des Truppenkontingents einen wichtigen Schritt für die Parteibasis der Demokraten – ein Wegweiser in die erwünschte Richtung.

Was hier in der Schweiz manchmal abwertend mit „die da oben in Bern“ bezeichnet wird, verschwörerische Politiker, die sich keinen Deut um den Willen der Bevölkerung scheren, scheint zu einem gewissen Ausmass der Fall zu sein in den USA. Unterstützt wird diese meine These durch die Aussage, die das „Times Magazine“ letzhin in der Sektion „Verbatim“ zeigte; Dick Cheney erwiderte nämlich, als er mit dem Faktum, dass zwei Drittel der amerikanischen Bevölkerung die Kriegsführung der USA als falsch erachten, konfrontiert wurde, lediglich dies: „So?“ – „Na und?“

Insofern ist die Behauptung einer Diskrepanz zwischen Volk und Politik nicht allzu weit hergeholt – der Politik muss aber insofern auf Seiten der Demokraten recht gegeben werden, dass die Truppen nicht einfach so jetzt und aus dem nichts abgezogen werden können.

Wie gesagt würde dies in einem Fiasko resultieren; allerdings ist das Fiasko wohl mehr oder weniger unvermeidlich. Verhängnisvoll für die Demokraten ist allerdings, dass im Falle eines demokratischen nächsten Präsidents SEINE Partei die Folgen der bushschen Regierung ausbaden müssen. Und die Republikaner nicht lange mit höhnischen Reaktionen auf jegliche (vorprogrammierte) Misserfolge warten werden…

Free Tibet? Free Politics?

•24. März 2008 • Kommentar verfassen

Wie wir alle den Bildern der heutigen Fackelentzündung in Griechenland entnehmen dürfen, wurden die Olympischen Spiele einmal mehr zum Spielball der Politik. Tibetische Protestierende werden brutal festgenommen, eine idealistisch-kitschige Vorstellung des antiken Griechenland wird währenddessen für die Fernsehkameras zelebriert. Irgendwie konnte ich nicht umhin und fühlte mich an die Charakterköpfe aus dem letztjährigen Hollywoodfilm „300“ erinnert. Nicht diese Traditionen sollen uns aber jetzt beschäftigen, sondern vielmehr die Bedeutung der Olympischen Spiele für die Politik.Man könnte fast meinen, das Prinzip der Laizität – der Trennung von Kirche und Staat – müsste doch auch für Sport und Staat gelten. Bislang war dies allerdings noch nie wirklich zur Diskussion gestanden. Erinnern wir uns aber an jene Zeit vor dem Mauerfall; der Boykott der Olympischen Spiele war bereits damals ein mächtiges politisches Druckmittel. Ja, selbst China selbst hat die Olympischen Spiele bereits mehrmals boykottiert. Sowohl in der Vergangenheit als auch beim aktuellen Konflikt ist es doch so, dass politische Vorstellungen auf dieses Sportereignis projeziert werden, ein scheinbarer Zusammenhang hergestellt wird zwischen den Sportlern Chinas und ihrem Land.Der Zusammenhang ist allerdings nicht völlig aus der Luft gegriffen, das muss gesagt sein! Unser Staatendenken und die patriotische Zugehörigkeit verpflichten offenbar auch, sie sind nicht bloss erfreuliche Tatsachen. China als Problemstaat oder China als Olympia-Gastland?Dem durchschnittlichen Protestierenden und dem durchschnittlichen Chinesen ist das offenbar wurscht. Dem IOC aber nicht. Diese geben sich alle Mühe, Sport und Politik geflissentlich zu trennen, die Verantwortung für Tibet von sich zu schieben.Aus rein wirtschaftlicher Perspektive und in der Hoffnung, dass die Spiele ein Erfolg werden, ist diese Position natürlich sinnvoll. Schliesslich ist es ja doch „nur“ Sport, der hier getrieben wird. Und stellen wir uns vor, was passieren würde, wenn sich das IOC gegen sein Gastland China wenden würde!? Die Solidarisierung Tibet gegenüber scheint also unmöglich, insofern dass die erfolgreiche Durchführung der Olympischen Spiele direkt mit diesem Konflikt zusammenhängt.Allerdings hat die Medallie eine Kehrseite (selten hat diese Metapher so gut gepasst wie hier, nicht?): Die internationale Gemeinschaft (was auch immer das sein mag) wird die ignorante Haltung des IOC mit Sicherheit nicht goutieren und fordern, dass das IOC für Tibet einsteht. Und eigentlich ist das ja auch der vernünftige Schritt – wie sonst kann China gezwungen werden, endlich etwas zu unternehmen, um die Situation zu verbessern, als wenn ein massiver Image-Boost gefährdet wird?Es ist Zeit für das IOC, endlich Position zu beziehen und die Macht, die es offenbar besitzt, weise auszuspielen – denn genauso wie beim Kosovo-Problem mit der Unabhängigkeit, wo auch Nichtstun etwas tun heisst, steht das Verhalten des IOC für eine ChinaFREUNDLICHE Position. Das kann wohl niemand leugnen…

„Gebet erhört: Äthiopierin ins Leben zurückgekehrt“

•23. März 2008 • Kommentar verfassen

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Dieser Titel prangt stolz auf der jesus.ch Hauptseite über einem aktuellen Artikel. Ein Hohes Tier dieser Seite, Beat Baumann, kenne ich persönlich, da mein Vater Pfarrer ist. Ich erinnere mich daran, dass ich ihn vor ca. 7 Jahren einmal gefragt habe, weshalb denn Got heute keine Wunder mehr wirke. Da antwortete er: „Natürlich wirkt Gott noch heute Wunder! Letzthin wurde in Afrika (welcher Zufall!) einer von einem Car voller Christen überfahren. Der war nur noch „Müesli“. Dann stiegen die Christen aus und beteten für ihn und da stand er wieder auf.“ „Und das stimmt wirklich?“ Fragte ich. „Oh ja“ – und ich glaubte es. Wie konnte ich auch anders? Niemals wurde ich dazu angeleitet, geistig selbst Gehen zu lernen, ich kroch quasi noch auf dem kindlichen Erkenntnisboden herum. Glücklicherweise bin ich mir heute bewusst, dass es keinerlei solche „übernatürliche“ Phänomene gibt oder je gegeben hat, wie das David Hume auf gedanklicher, und James Randi auf praktischer Ebene mit seiner 1-Million-Dollar-Challenge für jemanden, der unter kontrollierten Bedingungen etwas „Übernatürliches“ nachweist, hervorragend gezeigt haben.
Erschreckenderweise Ignorieren gläubige Menschen solche Gedanken und leben weiter in ihrer wundersamen Traumwelt. Aber wirklich schlimm sind diejenigen, die offensichtlich vorsätzlich, und im Wissen um die Falschheit der Information „Wunder“ erfinden, die perfekt in ihr Glaubenssystem passen, diese dann inszenieren und sogar multidmedial verbreiten, wahrscheinlich mit der Absicht, damit andere Seelen vor der ewigen Verdammnis zu retten.
Ein Paradebeispiel dafür ist die Quelle der auf jesus.ch verbreiteten Falschmeldung: http://yourchristianmusicfm.imeem.com/blogs/2008/02/20/hM6XlyNP/ethiopian_woman_raised_from_the_dead_after_12_hourstells_about_heaven
Ziehen Sie sich mal dieses Video rein. Eine bekehrte Christin, ehemalige Muslimin, ist krank (an welcher Krankheit sie leidet, lässt sich aus dem Video nicht entnehmen), ist dann für 12 Stunden „tot“ (was das heisst, wird nicht genauer spezifiziert) und wird dann wieder auferweckt von einem Prediger, dem an jenem Morgen von „Gott“ gesagt wurde, er werde an jenem Tag eine tote auferwecken. Dazu wird noch ausführlich beschriben, wie sie während der Zeit als sie „tot“ war, einen Bekannten wieder erkannt habe und wie schön es dort war etc. Ausserdem stellt sie zum Schluss des Videos fest: „now i have seen, when a christian dies, he goes to a better place and his body goes back to dust. For a non-believer that is a place of sadness but when a christian dies, he goes to a place where everything is good, where everything is very very happy“ Also weil sie angeblich solche schönen Sachen gesehen hat, kann die ein Nichtgläubiger nicht erleben, aha, so ist das! Wer Glauben hat, braucht offenbar keine Logik, vor diskriminierung gegenüber anders- (also falsch-) Gläubigen oder Nichtgläubigen, wird aber nicht zurückgeschreckt. Es wird doch tatsächlich ohne jegliche Beweislage behauptet, und als Wahrheit dargestellt, dass ein Ungläubiger nach dem Tod zu einem „place of sadness“ kommt. Wie arrogant, wie diskriminierend, wie naiv, wie unbewiesen ist diese Aussage?
Das ganze Video ist mit einer amerikanischen Synchronstimme unterlegt und die Produktion dieses Filmmaterials ist für einen Laien unmöglich, da wurde also offensichtlich Geld reingebuttert, wahrscheinlich von amerikanischen Fundamentalisten, die dann dieses Video zu bekehrungszwecken benützen.
Die einzigen „Beweise“ die vorgebracht werden, sind die „Zeugnisse“ der betroffenen Frau und des heldenhaften Predigers. Also ehrlich, seht ihr nicht, dass man IRGENDETWAS, völlig unabhängig von dessen Wahrheitsgehalt, mit 2 „Zeugenberichten“ in einem Video „beweisen“ kann?
Aber das wirklich traurige daran ist, dass man noch heute „Wunder“ erfinden und wirksam verbreiten kann und Menschen dies dann als Wahrheit annehmen. Eigentlich zeigt dies eindrücklich, wie Glaube entsteht und erhalten wird: Jemand hat, aus welchem Grund auch immer, Geschehnisse erfunden, beeindruckend (damals war ein Schriftstück oder eine gekonnte mündliche Überlieferung sehr beeindruckend) inszeniert, und viele Leute haben es geglaubt. Gottseidank sind es heute dank des häufigeren Austritts aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit weniger als dazumals. Aber wer aus dieser selbstverschuldeten Unmündigkeit offensichtlich noch nicht ausgetreten ist, und diesem Video irgendwelchen Wahrheitsgehalt zuspricht, sollte dringend mal das Gehen lernen.
Und wenn euch irgendwann irgendmal irgendwas von Wundern erzählen will, sagt einfach: „Ich war vor einem Monat nach einem Snowboardunfall klinisch Tot, dann trat meine Seele aus dem Körper aus, und ich sah Thor. Er bestrafte alle mit ewiger Verdammnis, die nicht an ihn glaubten. Glücklicherweise wurde ich dann durch ein Gebet an den Teufel von einem Satanistenprediger, der gerade vorüberging wieder auferweckt!“ „Und das stimmt wirklich?“ „Oh ja“

shalom

Kopftuch zum zweiten

•21. März 2008 • 1 Kommentar

Auf 2omin.ch stiess ich soeben auf einen Artikel, der unter anderem dieses Bild beinhaltete:

Calmy Rey und Ahmadinedchad -Kopftuch, ohne Krawatte

Viele Worte will ich nicht nochmals verlieren, aber eines ist doch schon auffällig: Madame Gutherz passt sich den lokalen „Gesetzen“ an, Herr „Ich-bin-ein-ganz-atypischer-Staatspräsident“ setzt sich über die Etikette bei internationalen Treffen von Staatschefs hinweg und verzichtet einmal mehr auf eine Krawatte.

Bundesrätin Calmy-Rey ist ein bisschen allzu vorschnell, wenn es um das Zuvorkommen gegenüber Nichtschweizern geht. Meiner Meinung nach politisiert sie extrem emotional und daher auch ein bisschen unreflektiert.

Hätte sie nämlich ein wenig über ihr Tenü beim Treffen mit Ahmadinedchad nachgedacht (das ja per se äusserst umstritten resp. kritisiert ist), so hätte sie eventuell auch eingesehen, dass sie Schweizerin ist. Und bei diesem Treffen die Anliegen der Schweiz vertritt.

So oder so, es war wahrscheinlich gesamthaft kluger, ein Kopftuch anzuziehen, um Probleme zu vermeiden; was für eine politische Welt ist es aber, in der sogar die Kleidung Anlass zu potenziellen Konflikten ist?

Kolumbien – Südamerika – Hinterhof

•16. März 2008 • Kommentar verfassen

Drei Staatsoberhäupter, die sich und ihr Land gegeneinander aufhetzen, bis sie kurz vor einem Krieg stehen – Wie kommt es soweit?

Eine Horde der Farc (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia), die von den meisten Ländern des Westens, insbesondere von den USA, als Terrororganisation gescholten wird, wurde von kolumbianischen Truppen bis über deren Grenze mit Ecuador verfolgt und schliesslich innerhalb ecuadorianischen Territoriums angegriffen und zerschlagen und deren Anführer Reyes wurde getötet..

Rafael Correa, Staatspräsident von Ecuador, verurteilte diese Aktion und verlangte öffentlich eine Entschuldigung von Alvaro Uribe, dem Präsidenten Kolumbiens. Dieser lieferte die Entschuldigung nicht, sondern bezichtigte seinerseits Ecuador, sowie auch Venezuela enger Beziehungen zu der Farc und forderte Transparenz. So nahm das Übel seinen Lauf. Hugo Chavez (Präsident Venezuelas), nun auch involviert, heizte den Konflikt nochmals an, indem er Uribe öffentlich beleidigte. Ein hin und her, dass in einem Handelsembargo zwischen Venezuela und Kolumbien und einem Aufmarsch von Truppen Ecuadors und Venezuela an deren jeweiligen Grenzen zu Kolumbien gipfelte.

Daraufhin wurde von verschiedenen Seiten – insbesondere auch vom immer besonnen wirkendenen Uribe – eine Lösung gesucht und in einem Gipfeltreffen auf der Dominikanischen Republik mehr oder weniger gefunden.

Meiner Meinung nach sind weder Uribe noch Chavez oder Correa alleine Schuld an diesem Konflikt, der glücklicherweise gelöst werden konnte. Schuld ist der geschichtliche Hintergrund Südamerikas, das seit seiner Entdeckung 1492 durch Kolumbus in sich ständiger Ungerechtigkeit entwickeln musste. Zuerst waren es die Europäer, die den Kontinent neu besiedelten und eine ganze Kultur und Gesellschaft kurzerhand vernichteten und sich eine neue Ordnung schufen. Indigene Völker wurden bekämpft und ausgerottet, so dass die wenigen Überlebenden bis heute zum tiefsten Stand gehören und meistens in Armut leben.

Im vergangenen Jahrhundert waren es die Amerikaner, die das Geschehen in ganz Südamerika massgeblich mitbestimmten und/oder beeinflussten. Ihr „Hinterhof“ – wie sie den Nachbarkontinenten zu nennen pflegen – kontrollierten sie soweit sie konnten. Sie unterstützten die auserwählten Staaten, versprachen sich damit auch ein Mitspracherecht und bekämpften direkt oder indirekt mithilfe der Unterstützungspolitik Staaten, die ideologisch verschieden – oder sonst gefährlich waren.

Was zurückbleibt ist ein Kontinent voller Zwietracht. Die einen werden tatsächlich noch heute vom grossen Bruder, der USA unterstützt und andere wehren sich vehement gegen die Einmischung desselben.

Am Ende ist es aber definitiv die Eintracht, die Früchte tragen wird und nicht der Streit. Solche Konflikte sollten diplomatischer gelöst werden können. Südamerika sollte sich mehr und mehr lösen von den Vereinigten Staaten, unabhängiger werden und sich schlussendlich, Europa gleich, zu einer Union zusammenschliessen. Obwohl schon jetzt gute Ansätze dazu da sind, in Form einer Unasur (Union de Naciones Suramericanas) oder einer CSN (Communidad Sudamericana de Naciones), wird es noch viel Zeit und Akzeptanz brauchen, damit die Scherben der Geschichte aufgewischt werden können. In diesem Sinne wünsche ich Südamerika eine gute Zukunft. !!!Juntos son fuerte!!!